Ärztinnen und Ärzte erheben ihre Stimmen gegen Lärmbelastung

„Eines Tages wird der Mensch den Lärm ebenso unerbittlich
bekämpfen müssen, wie die Pest und die Cholera.“ Mit diesem
Zitat hat Robert Koch schon vor mehr als hundert Jahren eine
Weitsicht bewiesen, die vielen Verantwortlichen besonders in
Politik und Wirtschaft heute fehlt.

Sei es Fluglärm, der Lärm von der Straße oder der Eisenbahn: Gerade in Ballungsgebieten klagen immer mehr Menschen über eine zunehmend belastende Störung durch Lärm. Zwischenzeitlich wissen wir aus vielen Studien wie schädlich dauerhaft hohe Umweltschallpegel sich auf die Gesundheit der Bevölkerung auswirken. Nicht vergessen darf man hierbei, dass die hohe Lärmbelastung oft auch mit einer hohen Belastung der Luft mit Schadstoffen einhergeht. Ganz klar: Lärm ist ein Problem mit großer gesundheitlicher Relevanz, der zudem auch Lebensräume zerstört.

Von niemandem mehr wegdiskutierbare Beispiele hierfür sind die Belastungen, unter denen die Bewohner des Rhein-Main- Gebietes beziehungsweise der Region Köln/Düsseldorf verursacht durch den Fluglärm leiden. Gleiches gilt für den Eisenbahnlärm. Besonders entlang der Rheinschiene. Dieser wird sich nach der Eröffnung des St. Gotthard-Eisenbahntunnels Ende 2016 drastisch erhöhen.

Im Rhein-Main-Gebiet leiden hunderttausende von Bewohnern unter dem zusätzlichen Lärm der neuen Frankfurter Nordwest- Landebahn. Ein Gebiet von 320 km² wird verlärmt und Städte und Dörfer zum Teil unbewohnbar gemacht. Lufthansa und Fraport fordern die Gestaltung einer ganzen Region nach ihren Bedürfnissen. Auch wenn sich viele nicht daran erinnern wollen: Der Ausbau des Frankfurter Flughafens ist unter einer rot/ grünen hessischen Landesregierung angeschoben und unter einer schwarz/gelben Regierung mit Brachialgewalt durchgesetzt worden. Aber auch die damalige rheinland-pfälzische SPD/FDP-Koalition hat sich für diesen Ausbau ausgesprochen. Von daher kann sich keine Partei heute von einer Mitverantwortung für die zusätzliche massive Belastung der Bevölkerung freisprechen. Umso erfreulicher, dass zumindest die jetzige Koalition in Rheinland-Pfalz hier umgedacht hat.

Man muss sich einmal klar machen: Jeder, der zwischen 22 Uhr und 6 Uhr, samstagnachmittags oder sonntags Lärm verursacht, sei es durch Musik oder Rasenmähen, verstößt gegen Gesetze. Flugzeuge dagegen dürfen zwischen 5 Uhr und 23 Uhr 18 Stunden täglich ungestört und permanent mit Dezibelwerten von 75 und mehr über Mainz die Bürger belasten und gesundheitlich schädigen.

Wenn Petra Roth als Frankfurter OB den belasteten Bürgern empfiehlt, doch aus der Region wegzuziehen, wenn sie der Lärm störe, oder der Fraport-Chef erklärt, dass 70 Prozent des Fluglärms nur Kopfsache sei, ist man als normal denkender Mensch nur noch fassungslos. Aktiven Schallschutz gibt es bisher im Rhein-Main-Gebiet nicht. Der viel beschworene passive Schallschutz nutzt in der warmen Jahreszeit, wenn die Menschen im Freien sein wollen, überhaupt nichts. Und den passiven Schallschutz darf der geschädigte Bürger über seine Steuern dann auch noch selbst bezahlen.

Es ist als Ärztinnen und Ärzte unsere Aufgabe, zum Schutze der Gesundheit der Bevölkerung immer wieder auf die gesundheitlichen Folgen der Lärmbelastung hinzuweisen und unsere Stimme laut zu erheben. Wegsehen, verniedlichen hilft nicht. Die Noxe „Lärm“ muss an ihrem Ursprung bekämpft werden; dies ist die effektivste Form der Prävention.

Dr. Jürgen Hoffart,
Hauptgeschäftsführer der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz
Quelle : Ärzteblatt Rheinland-Pfalz 3/2013 (link)

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